Wiesbadener Kurier:
Von Stars und Sternchen
Erschienen auf www.wiesbadener-kurier.de am 12. Oktober 2010
Von Claudia Kroll-Kubin
KULTUR Konzertpromoter Fritz Rau plaudert aus dem Nähkästchen / Musik von Biber Herrmann
Von seinen aufregenden Erlebnissen beim „American Folk and Blues Festival“ der 60er bis 80er Jahre, plauderte der international bekannte Konzertpromoter Fritz Rau in der Martinsthaler Salongesellschaft beim „Biber´s Acoustic Salon“. Und gewährte dem vollen Haus einen Blick hinter die Kulissen der Stars und Sternchen.
6 000 Konzerte veranstaltet
„Ich rede so furchtbar gerne über Musik“, erklärte Fritz Rau vergnügt und freute sich den Abend auf der Bühne mit einem „Rheingauer Talent“, dem Singer-Songwriter Biber Herrmann, bestreiten zu dürfen. Handgemachte, akustische Musik sei seine Leidenschaft, so der international bekannte Konzertpromoter, der 1930 in Pforzheim geboren wurde und in seinen 50 Berufsjahren über 6 000 Konzerte veranstaltet hat. Fidel wippte er mit seinen Füßen, als Biber Herrmann mit „You Gotta Move“, von Mississippi Fred McDowell, in die Gitarrenseiten griff. Dann erzählte der Grandseigneur der Musikbranche von den Anfängen des „American Folk and Blues Festival“, das er ab 1962 mit Horst Lippmann präsentierte.
Das Festival war eine Folk- und Blues-Tourneeserie, die ausschließlich in Europa stattfand. Und vielen US-amerikanischen Bluesmusikern, die oftmals nur lokal bekannt waren, ein gemeinsames Spielen auf internationalen Bühnen ermöglichte. So entdeckte Lippmann bei seinen USA-Reisen im Vorfeld des Festivals die besten Bluesmusiker in den Ghettos. Eindrucksvoll erzählte Rau von den „schwarzen Schallplattengenies“. Unter anderem erwähnte er den US-amerikanischen Bluesmusiker Willie Dixon, der damals, wie viele andere Musiker, keinen festen Wohnsitz hatte. „Ab und an schrieb er eben eine Ansichtskarte“, so Rau. Und stellte die vom Blues ausgehende Kraft heraus: „Die Leute in den Ghettos haben mit ihm ihr eigenes Überlebensmittel geschaffen.“
Nach einer musikalischen Einlage von Biber Herrmann mit „I Can´t Be Satisfied“ von Muddy Waters, leitete Rau zu seiner Autobiografie „Backstage“ über. Unter anderem sprach er über Erlebnisse mit den teilweise sehr eigenen Bluesmusikern im Rahmen der Tournee, wie etwa mit Sonny Boy Williamson, der auf dem Hotelzimmer ein Kaninchen kochte, oder Mundharmonikaspieler Shakey Jake, den Rau, der frühere Rechtsreferendar nur mit viel Geschick vor dem Knast bewaren konnte. Auch von einem damals noch eher unbekannten Mick Jagger von den Rolling Stones hatte Rau einiges zu erzählen.
Weiter sprach er die Tourneeplakate an, die der Graphik-Designer Günther Kieser gestaltet hatte. Und der in seinen meist surrealistischen Werken die Visualisierung der Musik anstrebte. Populär ist beispielsweise sein Entwurf zu Jimi Hendrix, aus dessen voluminöser Haarmähne sich zahlreiche Stromkabel schlängeln.
Begegnung mit Jimi Hendrix
„Ich habe nie Künstler nach Deutschland gebracht, die ich vorher nicht erlebt habe“, sagte Rau. Und seine blauen Augen funkelten, als er über die Begegnung mit Jimi Hendrix 1967 sprach, den er sogleich unter Vertrag nahm. Aber auch eine enge Freundschaft verband ihn mit dem Gitarrenvirtuosen. Schmunzelnd erwähnte er, wie Jimy bei ihm in Oberursel zu Gast war und das Haustier, ein kleiner Vogel, aus dem Käfig in seine Haarpracht flog. Und wie der Vollblutmusiker ihm zuliebe Spätzle gegessen hatte, die ihm gar nicht bekamen.